KWO Grimsel
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Im Gespräch mit Daniel Fischlin, CEO Kraftwerke Oberhasli AG

Von Pionierarbeit in den Bergen zur Schlüsselrolle in der Energiezukunft

CEO Daniel Fischlin spricht über die erste bogenförmige Staumauer weltweit, den Wandel der Wasserkraft und warum neue Speicherseen wie das Triftprojekt für die Zukunft entscheidend sind.

Herr Fischlin, was waren die grössten Herausforderungen der letzten 100 Jahre für die Kraftwerke Oberhasli AG? 

Die erste grössere Etappe war vor 100 Jahren der Start mit dem Bau des Grimselsees und des Gelmersees von 1925 bis 1932. Das war damals äusserst anspruchsvoll, mit den Bauarbeiten ging man technisch an die Grenzen. Die Ingenieure und Arbeiter von damals leisteten Pionierarbeit. Die Spitallamm-Sperre war die erste bogenförmige Staumauer weltweit, die über 100 Meter hoch war. Und gebaut wurde auch damals auf rund 2000 Metern über Meer, nur in den warmen Monaten, bei schwierigen Bedingungen. Damals arbeiteten viel mehr Leute am Bau mit als heute, vieles war pure Handarbeit. Heute haben wir zum Glück in vielem technische Unterstützung und grosse Maschinen. Die weiteren Meilensteine sind dann die nächsten Ausbauetappen der KWO, also während des zweiten Weltkriegs von 1939 bis 1943 der Bau des Kraftwerks Innertkirchen 1. Es war das erste Kavernenkraftwerk in Europa, also eines, das komplett im Fels drin gebaut wurde. Und dann natürlich der Bau der Staumauern am Räterichsboden und an der Oberaar und in den 1970er-Jahren das Pumpspeicherwerk Grimsel 2.

Wie hat sich der Stellenwert der Wasserkraft im Laufe der Jahrzehnte verändert und welche Bedeutung hat sie heute?

Die KWO hat man ja seinerzeit gebaut, um Energie zu erzeugen für die Haushalte und die Industrie, also für die Grundversorgung, und entsprechend waren auch die Ausbauetappen gestaltet. Man wollte damals wegkommen von der Kohle, der fossilen Energie, die in den Städten die Luft verschmutzte und viele krank machte. Strom aus Wasserkraft war etwas Neues, Innovatives.
In der Zwischenzeit gibt es unterschiedliche Stromproduzenten und nicht mehr nur die Wasserkraft. Es sind Atomkraftwerke hinzugekommen und die thermischen Kraftwerke, auch Energie aus Solar- und Windanlagen. In der Schweiz ist die Wasserkraft mit rund 60 Prozent der Stromproduktion immer noch zentral. Die KWO mit ihren grossen Speicherseen und ihren grossen Anlagen produziert aber nicht nur Bandstrom, sondern ist seit einigen Jahren auch ein immer wichtiger werdender Pfeiler bei der Stabilisierung des Stromnetzes. Das heisst, wir liefern dann mit unseren grossen Maschinen voller Kraft Energie, wenn sie plötzlich nachgefragt wird. Oder wir beziehen dann Energie vom Netz und pumpen Wasser in den höher gelegenen Oberaarsee, wenn die neuen erneuerbaren Energien, die nicht steuerbar sind, zu viel Energie ins Netz einspeisen und dadurch das wichtige Gleichgewicht im Stromnetz zwischen Angebot und Nachfrage ins Wanken gerät. Also kurz gesagt: Früher war die Grosswasserkraft ausschliesslich für die Grundversorgung da, heute ist sie ein immer wichtigeres Element der Netzstabilisierung

Wie entwickelt sich die Wasserkraft in den nächsten Jahren?

Wir brauchen in der Schweiz ganz klar mehr Winterspeicher für eine sichere Stromversorgung. Gegenwärtig wird mit dem Zubau von neuen erneuerbaren Energien, also vor allem von Photovoltaik, im Sommer häufig zu viel Energie produziert. Das heisst, es bestehen Phasen, in denen es Überschuss gibt, und in solchen Fällen muss die Grosswasserkraft diese überschüssige Energie aus dem Netz wiederum beziehen – also quasi Strom vernichten. Wir tun dies, indem wir unsere grossen Maschinen starten und Wasser in höher gelegene Seen pumpen. Nun ist es aber für die KWO nicht sinnvoll, ihre Kraftwerke quasi als Laufwasserkraftwerke auch noch im Sommer einzusetzen, wenn bereits viel Überschussproduktion vorhanden ist. Daher ist es zentral, dass wir dieses Wasser, das im Sommer anfällt, in den Winter umlagern können. Die KWO kann derzeit nur rund einen Viertel des Wassers, dass während eines Jahres anfällt, in ihren acht Stauseen speichern. In den letzten Jahren musste die Schweiz im Winter jeweils eine beträchtliche Menge Strom – im Durchschnitt rund fünf Terrawattstunden – importieren. Und wenn viele europäische Länder aufgrund der Dekarbonisierung und des Umbaus der Energiesysteme dieselbe Idee haben, bekommen wir ein Problem. Denn: Irgendjemand muss diesen Winterstrom ja auch produzieren.

Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft Ihrer Meinung nach aus? Werden wir auf nicht erneuerbare Energie eines Tages gänzlich verzichten können? 

Das hängt von einigen Faktoren ab. Wichtig ist, dass wir mit dem Zubau von erneuerbaren Energien, die nicht steuerbar sind, genügend Speicherkapazitäten innerhalb Europas aufbauen. Für die Schweiz bedeutet dies vor allem mehr saisonale Speicher, wie beispielsweise unsere Stauseen. Dann werden auch grosse Batteriespeicher eine Rolle spielen, die genügend Kapazitäten haben. Ganz wichtig ist auch: Wir müssen das Übertragungsnetz, also das Hochspannungsnetz, ausbauen. Es muss genügend Kapazität da sein, damit man die Windkraft aus dem Norden in die grossen Ballungszentren führen kann, daran hapert es im Moment noch. Und ebenso benötigen wir Kapazität, um Strom aus Photovoltaikanlagen vom Süden in den Norden transportieren zu können. Oder bei uns aktuell – Energie aus Photovoltaikanlagen in regionale Netze einzuspeisen, auch hier ist ein Ausbau nötig und das wird nicht gratis sein.

Mit dem Triftprojekt lässt sich das Wasser neu dann nutzen, wenn es wirklich gebraucht wird: im Winter, wenn der Strom knapp ist oder wenn kurzfristig grosse Mengen Strom ins Netz gespiesen werden müssen, um das Stromnetz zu stabilisieren. Wieso wird dies gerade mit dem Speichersee an der Trift möglich? Durch welche Massnahmen wird das Speichervolumen erhöht?

Die KWO hat derzeit im Gadmental, wo wir bereits Wasser nutzen und auch Kraftwerke und Wasserfassungen haben, keine Speichermöglichkeit. Dort fallen pro Jahr 320 Millionen Kubikmeter Wasser an. Das bedeutet, dass wir dieses Wasser dann abarbeiten – also zu Strom verarbeiten – müssen, wenn es anfällt. Und das ist in der Regel von Spätfrühling bis Herbst. Also während der Zeit, in der sowieso ein Überangebot an Strom durch Wind- und Solaranlagen vorhanden ist. Wir verschleudern also heute quasi dieses wertvolle Wasser im falschen Moment. Mit dem Triftspeicher lässt sich dieses Wasser vom Sommer in den Winter umlagern. Wir planen den Speichersee an der Trift mit einem Volumen von 85 Millionen Kubikmeter Wasser. Und im Winter, wenn wir hierzulande viel Energie importieren müssen, ist der Triftspeicher eine Versicherung, damit wir genügend Energie haben, wenn wir mal nicht importieren können.


Daniel Fischlin, CEO Kraftwerke Oberhasli AG
Daniel Fischlin, CEO Kraftwerke Oberhasli AG

«Seit rund 100 Jahren sind Energie Wasser Bern und die KWO miteinander verbunden. Es macht uns stolz, einen essenziellen Beitrag für die Stromversorgung der Stadt Bern zu leisten – mit nachhaltiger und sauberer Energie aus dem Berner Oberland.»
Daniel Fischlin, CEO Kraftwerke Oberhasli AG

Einladung: Erfahren Sie mehr über die Kraftwerke Oberhasli AG

Dieses Jahr feiert die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) ihr 100-jähriges Bestehen – ein Jahrhundert alpine Pionierleistung. Energie Wasser Bern ist seit 1930 an der KWO beteiligt. Die Energieproduktion aus Wasserkraft ist ein zentrales Standbein unserer sicheren und erneuerbaren Energieversorgung. 

Wir nehmen dieses Jubiläum zum Anlass und laden Sie am Mittwoch, 27. August 2025 von 18 - 20 Uhr in unsere Energiezentrale Forsthaus in Bern ein: In spannenden Referaten blicken wir auf aktuelle Herausforderungen und Zukunftsprojekte rund um die Energieversorgung mit Fokus Wasserkraft. Melden Sie sich jetzt an – der Anlass ist kostenlos für Sie. 

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